Warum ich momentan keinen Spaß am Radfahren habe….

16. Mai 2019

Letzte Woche Sonntag war es so weit ich stand endlich wieder an der Startlinie. Doch bis dahin war
es ein langer Weg …
Eigentlich hätte alles anders laufen sollen, aber so ist das Leben. Als ich im Herbst 2017 mein Studium
begann, wollte ich die Zeit unbedingt nutzen, um möglichst viel Rad zu fahren und Sport zu treiben.
Und wenn man eine 40 Stunden Arbeitswoche gewohnt ist, ist es ein Traum, nur 7-10 Stunden die
Woche Uni zu haben, also 2 Tage! Man kann also so viel trainieren wie man will. Und das tat ich auch,
Pausen gab es kaum, es machte ja Spaß und ich wurde fitter und schlanker und plötzlich möchte man
immer mehr.
Leider kam mir genau das in die Quere! Ich trainierte zu viel, gönnte meinem Körper nicht genug
Pause und ignorierte sämtliche Zeichen meines Körpers. Egal wie oft ich hörte, ich mache zu viel, ich
liebte was ich tat und war wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt auch schon wirklich süchtig nach dem
Sport. Teilweise habe ich 3 Einheiten am Tag ausgeübt.
Dann kam dieses eine Rennen, in Wüstenselbitz, die harte Arbeit zahlte sich aus! Ich lieferte in
Wüstenselbitz meine persönliche Bestleistung ab. Und das mit der Familie als Zuschauer. Ich war mir
sicher, jetzt geht es nur noch bergauf! Aber ich habe mich getäuscht. Genau dies war der Punkt, an
dem mein Körper nicht mehr konnte. Wir fuhren nach Hause und ich fühlte mich müde, wirklich
schlapp und beschloss, endlich eine Pause einzulegen. Ich war 5 Wochen Rennen am Stück gefahren
und hatte noch 2 Wochen vor mir.
Die Pause sollte mir guttun, doch es ging mir immer schlechter, dazu kamen Beinschmerzen, die mich
nicht schlafen ließen und bleierne Müdigkeit. Teilweise schlief ich 13-14 Stunden und auch danach
kam ich nur bis zum Sofa.
Nach etlichen Arztbesuchen kam dann schlussendlich die Diagnose: Eppstein Barr Virus. Ziemlich
häufig bei Sportlern, die zu viel trainieren, aber leider nicht behandelbar. Auch wenn der Ausbruch
bereits 12 Monate her ist, bin ich keinesfalls gesund. Und das belastet mich psychisch extrem. Mein
Training ist ein ständiges Auf und Ab. An manchen Tagen trainiere ich und fühle mich, als wäre ich
gesund und am nächsten Tag wache ich auf und bin komplett erschöpft und leer. Wir wohnen im 5.
Stock, und an schlechten Tagen habe ich wirklich Schwierigkeiten, die Treppen zu schaffen.
Das Positive ist aber, die guten Tage werden häufiger. Bis aber wieder ein richtiges Training möglich
ist, kann es noch Monate/Jahre dauern.
In den letzten Monaten ist das Radfahren dadurch in meinem Kopf zum Stressfaktor geworden,
immer häufiger kam der Gedanke auf, aufzuhören mit Rennen zu fahren. So schwer es mir fällt.
Vor 2 Wochen wollte ich ein Rennen fahren, einfach um mich wieder an das Gefühl zu gewöhnen…
Momentan habe ich wie gesagt gar kein Bedürfnis nach Wettkämpfen. Trotzdem sind wir nach
Tschechien gereist. Am Abend vor dem Rennen sind wir noch die wirklich spaßige XC Strecke
abgefahren, aber es fühlte sich falsch an. Da war keine Vorfreude, keine Aufregung, gar nichts. Es war
eher das Gefühl, den Haushalt machen zu müssen. Einfach erledigen und dann kommt das Nächste.
Also beschloss ich kurz vor Start, doch nicht starten zu wollen und wir fuhren unverrichteter Dinge
wieder nach Hause. Ich glaube dies war der schlimmste Tiefpunkt seit Wochen. Die Motivation war
weg, die Beinschmerzen wieder da und die Zweifel an mir selbst, so groß wie nie.
Zuhause beschlossen wir abhaken und weiter zu machen.

In der nächsten Woche gab es einen Marathon in der Nähe von Jena. Ja gut, Marathon ist nicht
meine Leidenschaft. Ich liebe Cross Country deutlich mehr, aber ich wolle es trotzdem versuchen.
Und antreten.
Das war auch definitiv die richtige Entscheidung! Nach einem total lockeren Start trennten sich die
Fahrer am ersten Berg, ich sah einige Frauen vor mir am Berg und begann, doch etwas mehr Gas zu
geben und sammelte eine nach der anderen ein. Der Downhill kam mir sehr entgegen, hier hatte ich
Spaß, und umso mehr Spaß ich hatte, umso mehr kam auch langsam das Renngefühl wieder in mir
auf. Und so gab ich in Runde zwei noch einmal Gas. Auch wenn ich noch nicht wirklich zurück im
Rennmodus bin und bereit zu leiden, so war es doch ein schönes Gefühl.
Im Ziel war ich total überrascht, als ich als 3. Frau gesamt über die Ziellinie fuhr.
Ich glaube eine Pause aus dem Rennsport würde mir sehr guttun. Ich kenne mich, ohne Wettkampf
geht nicht, aber momentan ist weder der Körper, noch der Geist bereit für den Wettkampf.

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