Der Sommer 2021 kam spät.
Erst im September wurde es richtig sonnig, ohne Regen und mit Temperaturen teils deutlich über 20 Grad. Perfekt also, um noch einmal einige Zeit auf dem Bike zu verbringen. Diesmal sogar mit der Familie.
Es geht für uns nach Mittelsachsen ins Erzgebirge, das vor allem durch seine lange Bergbaugeschichte bekannt ist. Für mich bedeutet das Erzgebirge immer Radsport 🙂 Meistens gehe ich zum MTB-Techniktraining in den Bikepark nach Klinovec, wo es mit dem Lift den Berg hinauf geht, oder in den Trailpark Rabenberg, wo Auf- und Abfahrt mit dem Bike bewältigt werden.
Ein persönliches Highlight ist auch immer der Erzgebirgs-Bikemarathon, den ich diesmal zusammen mit einer Freundin gefahren bin. Zu den Witterungsbedingungen am Renntag nur so viel: Fahrerinnen und Bikes wurden gemeinsam mit dem Dampfstrahler geduscht 😀

Bei diesem Anblick freuen wir uns umso mehr über den Sonnenschein bei unserer Blockline-Tour. Genauer gesagt geht es diesmal ganz in den Osten des Erzgebirges an die tschechische Grenze, nach Holzhau ins Berghotel Talblick, unserem Start- und Zielort für die nächsten drei Bike-Tage.
Vom Kurort Seiffen, den die meisten sicher für seine Holzkunst kennen, geht es bis zum Wintersportzentrum in Altenberg, verteilt über drei Tagesetappen. Das Hotel muss durch die zentrale Lage in Holzhau zwischen den Etappen nicht gewechselt werden, Halbpension haben wir ebenfalls gebucht und so können wir uns voll und ganz auf das Radfahren konzentrieren. Und wer schon immer mal nach Dresden wollte, erreicht die Stadt an der Elbe in nur 45 Minuten mit dem Auto.
Wir wollen aber ab aufs Rad und die Erzgebirgslandschaft entlang der Blockline auf insgesamt 140 Kilometern mit über 3000 Höhenmetern erkunden. Besonders sportliche Biker können die Tour auch an einem Tag bewältigen. Wir nehmen uns dafür jedoch die geplanten drei Tage Zeit und genießen die Zeit mit der Familie auf dem Bike in der Natur. Dabei bewegen wir uns typisch Mittelgebirge überwiegend zwischen 600 und 1000 Metern Höhe. Auf diesen Höhen sind wir auch in unserer Heimatstadt Albstadt, wo auch der UCI MTB Weltcup stattfindet, unterwegs und fühlen uns schon am Ausgangspunkt superwohl.
Geplant sind 53 km und 1140 Hm auf der ersten Etappe, 52 km und 1010 Hm auf der zweiten, und 66 km mit 1240 Hm auf der dritten Etappe. Für die bestmögliche Vorbereitung kann man sich das Blockline Starterpaket dazu buchen, das Informationen, Geschichten und Rätsel rund um die Blockline enthält.
Loop 2 der Blockline: 52 km, 1010 Hm
Entgegen der Planung haben wir uns auf Empfehlung des Berghotels Talblick nach beruflich bedingt verspäteter Anreise für die zweite Loop zum Auftakt entschieden. Diese führt direkt vom Hotel hinab nach Holzhau, über den Kannelberg durch die malerischen Täler des Erzgebirges. Im Gimmlitztal, dem Tal der Mühlen, treffen wir nach den ersten nennenswerten Höhenmetern auf die klare, kalte Gimmlitz, die sich mit ihrem naturbelassenen Flusslauf entlang der Wassermühlen durch das Tal schlängelt. Auch heute sind noch einige der Mühlen funktionsfähig.
Es geht entspannt weiter flussabwärts nach Mulda, wo wir auf unter 500 m ü.NN auf die Holzstatuen von Blockhausen treffen. Für meinen Papa als Schreiner ganz besonders faszinierend 😉 Holz spielte in dem ehemaligen Uhren- und Geigenmacherdorf eine sehr zentrale Rolle. Im ganzen Erzgebirge wurde generell sehr viel mit der Natur gearbeitet, mit und von der Natur gelebt, haben wir den Eindruck.





(Sportlichen) Wettkampfcharakter bringt die jährlich stattfindende Weltmeisterschaft im Kettensägen nach Blockhausen. Ein 40 Meter langer Holztisch aus einem einzigen Baumstamm der Holzskulpturensammlung hat es ebenfalls ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft.
In Blockhausen kann man wirklich die Zeit vergessen. Es gibt so viel zu entdecken. Faszinierende Holzskulpturen in allen Größen und Formen, eben ein richtiges kleines Dorf aus Holz. Und auch wir haben die Zeit aus den Augen verloren, was uns später noch ein Rennen gegen die Dunkelheit bescheren wird 😉
In Dorfchemnitz schauen wir noch schnell den Eisenhammer an, einen der ältesten Handwerksbetriebe Sachsens. Auch hier wird die Kraft des Wassers genutzt, um den Schmiedehammer per Wasserrad anzutreiben und mit dessen Unterstützung Handwerkserzeugnisse herzustellen.
Mit den verbleibenden Kräften (für Essen hatten wir keine Zeit) und voller neuer Eindrücke fahren wir wieder in den Anstieg auf die König-Friedrich-August-Höhe auf über 700 m hinauf und durch Laub- und Nadelwälder über die Höhenwege mit Rampen und weiteren Anstiegen zurück und erreichen mit den letzten Sonnenstrahlen nach einem tollen Sonnenuntergang unseren Start- und Zielort oberhalb von Holzhau. Vor dem Berghotel werden wir – oben angekommen – auch schon von meiner Mama in der Hollywoodschaukel für das Abendessen erwartet.
Wer Ruhe und Entspannung in der Natur sucht, ist hier genau richtig. Die absolute Stille und schöne Aussicht dieser Loop belohnt uns für die knackigen Rampen mit dem Bike. Am Ende stehen knapp 56 km und 1221 Hm auf unseren Fahrradcomputern.



Loop 3 der Blockline: 66 km, 1240 Hm
Die längste und wohl anspruchsvollste Blockline-Loop haben wir uns am zweiten Tag vorgenommen. Für uns ganz klar die Königsetappe und der Loop-Favorit! Rauschendes Wasser, große Nadelbäume und blühende Bergwiesen vereint diese Etappe alles in einem.
Von unserem Berghotel geht es wieder hinab nach Holzhau, weiter Richtung Süden. Vorbei an kleinen Bächen mit Wasserrädern und Teichen fahren wir über die typischen Mittegebirgsanstiege nach Neuhausen und dem bekannten Kurort Seiffen. Teilweise auch auf dem Rundkurs des Erzgebirgs-Marathons, inklusive Trails!
In Seiffen kommt erste Weihnachtsstimmung auf, als wir zunächst auf zwei riesige Nussknacker-Figuren aus Holz treffen und anschließend im “Spielzeugmacherdorf” auf die traditionellen Schwibbögen, Holzpyramiden und urigen Räuchermänner.
Neben der Weihnachtsstimmung kommen Sandro und mir bei unserer Fahrt durch Seiffen auch die Passagen des Erzgebirgs-Bikemarathons wieder bekannt vor, der hier jedes Jahr in Seiffen startet. Schade, dass das Rennevent dieses Jahr bei 12 Grad und Dauerregen “ins Wasser gefallen” ist, die Start- und Zielexpo wäre perfekt gewesen für einen sonnigen Renntag mit Freunden und bekannten Gesichtern.



Auf ein bekanntes Gesicht treffen wir am Erzgebirgischen Freilichtmuseum in Seiffen, wo uns schon meine Mama erwartet. Wir gönnen uns nach den sportlichen Anstiegen mit teils über 20% Steigung aber zunächst einmal Kaffee, Kuchen und Apfelstrudel, ehe wir zusammen die vielen kleinen Häuser des Freilichtmuseums erkunden. Eine willkommene uns äußerst interessante Pause!
Das Freilichtmuseum bildet die Bauwerke und Werkstätten des 19. und 20. Jahrhunderts nach. Besonders interessant war für uns das Reifendrehen des Drechslers. Hier kann man von Anfang bis Ende sehen, wie verschiedene Spielzeuge hergestellt werden.







Sonnig führt uns die Blockline auf einen der höchsten Gipfel des Osterzgebirges. Keine Wälder, nur offene, weitläufige Wiesen und ein toller Rundumblick belohnen den Aufstieg.
Die Blockline führt uns noch einmal direkt entlang der tschechischen Grenze in die pure Natur, wo uns die angekündigten, mit allen Sinnen erlebbaren Natur-Highlights erwarten: Ein ständiger Wechsel von Laub-, Nadel- und Mischwäldern, artenreiche Quellwiesen und Zuflussbäche führen uns auf der dritten Blockline-Loop über einen anspruchsvollen Uphill zur Rauschenbachtalsperre. Auch der vom Aussterben bedrohte Fischotter weiß diese wasserreiche Landschaft zu schätzen und nutzt die Gebiete rund um die Talsperre zur Jagd.
Von hier aus machen wir uns auf die letzten Kilometer, durch den märchenhaften Wald mit Moos bedeckten Boden, Pilzen und Wasserläufen. Man kann das Holz und die frischen Gräser wirklich riechen, die klare Luft spüren! Diesmal kommen wir über den Berg von oben an unser Hotel und sparen uns die 18%-ige Steigung von gestern.
Nach 66 Kilometern und 1462 Höhenmetern freuen wir uns auf das verdiente Abendessen im Berghotel!
Loop 1 der Blockline: 53 km, 1140 Hm
Heute geht es in Richtung Wintersportort Altenberg und Hermsdorf. “Wo Dich Dachs und Rothirsch grüßen” lautet die Kurzbeschreibung der ersten Loop. Und tatsächlich: In nur fünf Minuten sind wir wieder raus aus dem Ort, im ersten Anstieg etwa 100 Höhenmeter zum Warmup hinauf auf die Steinkuppe, wo man auf “Meister Grimbart” trifft. Der Dachs hat sich hier niedergelassen und die Landschaftsgestaltung um den Steinbruch herum übernommen.
Über einen stillgelegten (Wintersport-)Bahnhof, auf dessen Gelände noch die Überbleibsel des Bahnbetriebes sowie die Streckenführung der Gleise erkennbar sind, geht es weiter in Richtung des Naturschutzgebietes Hemmschau, wo einen die Grillen und das Bienensummen durch den Nadelwald direkt entlang der tschechischen Grenze begleiten. Hätten wir besser unsere Personalausweise einstecken sollen?





Auf 800-900 Metern höhe fahren wir weiter über kleine Wellen und kurze Rampen. Wobei wir diese Etappe als die entspannteste empfinden, da die meisten Anstiege auf Asphalt- oder Schotterwegen bewältigt werden.
Nach einem kurzen Stop am Aussichtspunkt vor Altenberg mit toller Weitsicht über das Erzgebirge und die Talsperre von gestern erreichen wir schließlich das Wintersportzentrum Altenberg! “Hier gehen wir im Winter zum Langlaufen hin!”, sind wir uns sofort einig. Das weitläufige Loipennetz ist anhand der Schilder auch mit dem Bike erkennbar.
Gegen Ende der Loop erwarten uns noch einmal drei längere Anstiege, die es am dritten Tag durchaus in sich haben, zumal Sandro und mir noch unser Radrennen von vor drei Tagen in den Beinen steckt. Aber: Training beginnt am Ende der Komfortzone und diese haben wir heute definitiv erreicht!
Nach dem letzten 18% Anstieg merken wir nach 53 Kilometern und 1223 Höhenmetern im Hotel angekommen doch die Höhenmeter der letzten Tage in unseren Beinen und denken nun doch noch über einen Ruhetag in Dresden nach 😉
Sind ja nur 45 Minuten… Und nach 175 km und 3906 Hm können wir den ganz besonders genießen!
Unser Blockline-Fazit
Die letzten drei Tage durch das Erzgebirge waren wunderschön! Als sportlich ambitionierte Familie kann man mit 4-6 Stunden Fahrtzeit und 1200-1500 Höhenmetern je Etappe planen. Ein Paradies für Bergziegen!
Die Strecken sind mega abwechslungsreich und können sogar zur Navigation auf den Fahrradcomputer geladen werden. Langeweile kommt hier garantiert nicht auf!
Als Ausgangspunkt ist das Berghotel Talblick super geeignet. Wirklich nettes Personal inklusive Insider-Empfehlungen und leckerem Essen. Ganz generell sind die Menschen im Erzgebirge einfach nur freundlich, wirken sehr zufrieden und entspannt. Kein Wunder bei dieser Landschaft!
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